Ex cadavere-Nachfrage - kurz

Sehr geehrter Bewsucher,
lieber Arztkollege, Medizinstudent, Lebensrechtler, Geistlicher,

 

der Arbeitskreis Hirntod der Vereinigung Katholischer Ärzte BKÄ (mehr) und die Ärztliche Ad-Hoc-Gruppe Hirntod, AGH, haben im Sommer 2015 zwei Anfragen nach Rom gesandt mit den Anliegen:

Herauszufinden, was Papst Benedikt XVI. im November 2008 bei seiner Ansprache beim Organspendekongress (mehr) mit dem Begriff 'ex cadavere' wirklich gemeint hat.

Er hat doch bestimmt gewusst, daß die schwerst Kranken ihre Organe immer schon und noch bei schlagendem Herzen herausoperiert bekommen.

Leider ist es heute nicht mehr möglich, von dem noch lebenden, pensionierten ehemaligen Papst Benedikt XVI. eine klärende Antwort zu erhalten, was er damals tatsächlich und konkret gemeint hat. -

Nachstehend die konkreten Anfragen und die Antworten aus Rom.

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1. Direkte Anfrage beim emer. Papst

                                                                                                              4-8-2015, gw

Betr.:    Organspende und Hirntod -  Ansprache des Hl. Vaters vom 8.11.2008

Hier:     Klärung der mißverständlichen Auslegung des Begriffs ‚ex cadavere‘


Sehr geehrter Herr Erzbischof Dr. Gänswein,
(Euer Heiligkeit, Papst Benedikt XVI)

 

mit einem freundlichen Gruß aus München wende ich mich an Sie persönlich:

1.  Es geht um eine notwendig gewordene Klärung, was Papst Benedikt XVI mit dem auf seiner Ansprache beim internationalen Kongress ‚Ein Geschenk für das Leben‘  vor FIAMC-Ärzten am 7.11.2008 im Vatikan geäußerten Begriff ‚ex cadavere‘ als Voraussetzung für die Organentnahme bei für ‚hirntot‘ erklärten Menschen wirklich gemeint hat:
a)  Leichnam – für tot erklärter Mensch, jedoch warm und mit schlagendem Herzen,


b)  Leichnam – wirklich toter, verstorbener Mensch, kalt, ohne Herzschlag.

2.  Bei Zenith wird der Heilige Vater bei dieser Ansprache zitiert: ‚Wenn Sterbende ihre Organe spendeten, müsse der Respekt vor dem Leben des Spenders das Hauptkritierium sein.‘ (= Organentnahme also doch bei Lebenden?)

Frage: 
Wie sah und sieht Papst Benedikt einen sterbenden und für hirntot erklärten Organspender?  Wenn er doch noch lebt, welche Art von RESPEKT erwarten Papst und Kirche von uns Ärzten / Angehörigen / Gesellschaft / Kirche?
Darf dann ein solcher Sterbenden überhaupt explantiert werden?

Wir Lebensrechts- und katholischen Ärzte sind in einem Konflikt, weil die Deutsche Bischofskonferenz aktuell die päpstliche Aussage ‚ex cadavere‘ als Validisierung des Hirntodes interpretiert und wir davon überzeugt sind, dass Papst Benedikt den wirklichen Leichnam meint.

Vielen Dank für eine persönliche Klärung dieses heiklen, aber lebens-wichtigen Themas. NB:  Uns erscheint eine Richtigstellung auch noch als emeritierter Papst sinnvoll und gerechtfertigt.

Mit freundlichen Grüßen aus München

 

                 (Dr. Gero Winkelmann, Leiter des BKÄ + ca. 20 Kollegen von BKÄ und AGH-Ärztegruppe)   

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1. Antwort aus Rom - Papst em. Benedikt muss schweigen

Am 24.9.2015 schreibt das BKÄ-Büro an die Mitglieder / ärztliche Hirntodgegner:

Unsere Anfrage in Rom wegen der Aussagen von
Papst Benedikt XVI 2008 in Sachen 'ex cadavere' und Hirntod ergab:

1) - Mons. Gänswein lehnte ab, da PB16 nichts mehr sagen darf, er verwies auf Kardinal Müller von der Glaubenskongregation.

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2. Anfrage - bei der Glaubenskongreagation

S. Em. Herrn
Kardinal Gerhard Müller
Präfekt der Congregazione per la Dottrina della Fede
I - 00120  Città del Vaticano

                                                                                                              18-8-2015, gw

 

 

Betr.:    Organspende und Hirntod -  Ansprache des Hl. Vaters vom 8.11.2008

Hier:     Bitte um definitive, unzweideutige Klärung der mißverständlichen
             Auslegung des Begriffs ‚ex cadavere‘

             
             Zuleitung unseres Briefes an Mons. Gänswein und an Papst em.
             Benedikt XVI. an Ihre Kongregation

 

 

Seine Eminenz, sehr geehrter Herr Kardinal Müller
sehr geehrte Verantwortliche und Fachleute,

 

auf Empfehlung des Staatssekretariats (Kopie) wende ich mich an Sie persönlich:

1.  Es geht um eine notwendig gewordene Klärung, was Papst Benedikt XVI mit dem auf seiner Ansprache beim internationalen Kongress ‚Ein Geschenk für das Leben‘  vor FIAMC-Ärzten am 7.11.2008 im Vatikan geäußerten Begriff ‚ex cadavere‘ als Voraussetzung für die Organentnahme bei für ‚hirntot‘ erklärten Menschen wirklich gemeint hat:

a)  Leichnam – für tot erklärter Mensch, jedoch warm und mit schlagendem Herzen,

b)  Leichnam – wirklich toter, verstorbener Mensch, kalt, ohne Herzschlag.

Kurz:
Handelt es sich aus päpstlicher Sicht um einen wirklich toten Leichnam oder einen ‚noch lebenden Leichnam‘ (pardon für diese Sprache!).

Aber die Wissenschaft und viele Kirchenobere und –Kräfte legen ‚ex cadavere‘ derart aus, daß man ruhig Organe bei schlagendem Herzen entnehmen dürfe, denn selbst Papst Benedikt XVI habe als Kirchenoberhaupt und Theologe damals den von ÄRZTEN für tot erklärten Patienten als vollkommen ‚cadavere‘ angesehen. – Wirklich??

– Es war doch sein Wunsch gewesen, nur aus der wirklichen Leiche zu erlauben, die lebensnotwendigen Organe (Herz, Lunge, …) herauszuoperieren.

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2. Teil der Anfrage an die Glaubenskongreagation

Seite 2:

2.  Bei Zenith wird der Heilige Vater bei dieser Ansprache zitiert:

‚Wenn Sterbende ihre Organe spendeten, müsse der Respekt vor dem Leben des Spenders das Hauptkritierium sein.‘ (= Organentnahme also doch bei Lebenden?)


Fragen:
 
- Wie sah Papst Benedikt damals einen sterbenden und für hirntot erklärten Organspender? 

 - Wenn dieser doch noch lebt:
-  Welche Art von RESPEKT erwarten Papst und Kirche von uns Ärzten / Angehörigen / Gesellschaft / Kirche?
-  Darf dann ein solcher Sterbenden – der eben noch nicht ‚cadavere‘ ist, überhaupt explantiert werden? Zumal das Hirntodkonzept wissenschaftlich nicht mehr sicher ist…

Wir Lebensrechts- und katholischen Ärzte sind in einem Konflikt, weil die Deutsche Bischofskonferenz aktuell die päpstliche Aussage ‚ex cadavere‘ als Validierung des Hirntodes interpretiert und wir davon überzeugt sind, dass Papst Benedikt den wirklichen Leichnam meint.

Bitte:
Könnten Sie eruieren, welche Art von ‚cadavere‘ damals Papst Benedikt XVI. wirklich gemeint hat?
Vielleicht weiß sein damaliger Sekretär / Redenscheiber / Berater noch Genaues?
 Vielleicht findet sich noch ‚irgendwo‘ ein Hinweis, um diesen großen Mann nicht falsch zu verstehen, oder ihn zu instrumentalisieren mittels eigener tendenziöser Auslegung seiner Worte.

Es geht um das Leben! (Kein Organraub bei schlagendem Herzen und  noch im Körper befindlichen Seele)
Es geht um die Glaubwürdigkeit unserer heiligen Kirche und ihrer Lehre.



Vielen Dank für eine persönliche Klärung dieses heiklen, lebenswichtigen Themas.

 

 

 

Mit allen guten Wünschen und mit freundlichen Grüßen aus München

 

 (Dr. Gero Winkelmann, Leiter des BKÄ + ca. 20 Kollegen von BKÄ und AGH-Ärztegruppe)  

 

 

PS:  Wir stimmen als deutsche katholische Ärztevereinigung bewusst nicht mit der Meinung der internationalen katholischen ärztlichen Dachorganisationen FIAMC und FEAMC überein…-
Für uns BKÄ- und AGH-Ärzte sind für ‚hirntot‘ erklärte Patienten noch lebendig!

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Antwort von der Glaubenskongregation

2) - Kardinal Müller ließ mir über  seinen persönl. Sekretär Mons. Sledziewski antworten (7.9.2015)

"Besten Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 14.8.2015, das von Herrn Kardinal Müller mit großer Sorgfalt zur Kenntnis genommen wurde:

Bezüglich der von Ihnen vorgelegten Problematik erlaube ich mir, Ihnen beiliegend den gesamten Text der Ansprache von Benedikt XVI an die Teilnehmer am internationalen Kongress zum Thema 'Ein Geschenk für das Leben. Überlegungen zum Problem der Organspende' vom 7.11.2008 zu übermitteln.
Eine genaue Lektüre dieser Ansprache zeigt, daß Benedikt XVI die Fortschritte in der Transplantationsmedizin würdigt.

Zugleich ermutigt er die Wissenschaft, die neuesten Forschungsergebnisse bei der Feststellung des Todes des Patienten zu berücksichtigen und auf einen möglichst großen Konsens in dieser schwierigen Frage hinzuarbeiten.

Darüber hinaus bekräftigte er, daß ein lebensnotwendiges Organ einem Spender 'nur im Falle seines tatsächlichen Todes' und des erforderlichen informierten Konsenses entnommen werden kann.

In der Hoffnung, daß Ihnen diese kurzen Ausführungen nützlich sind, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen - im Herrn Ihr

Mons. Slawomir Sledziewski, Persönlicher Sekretär"

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Kommentar zur Antwort aus Rom

Kurzer Kommentar von Dr. G. Winkelmann, BKÄ-, EPLD- und AGH-Ärzte:

- Mehr habe ich mir 'von Rom' nicht erwartet.

- Papst B16 konnte als Theologe die Ärzteschaft damals nicht kritisieren oder ihr detaillierte Vorschriften machen.
Er erwartet von den Wissenschaftlern aber, daß sie neueste Forschungsergebnisse berücksichtigen und auf einen großen Konsens hinarbeiten.

(Schön wär's, aber wir wenigen Prolife-Ärzte und Hirntodkritiker bleiben automatisch außen vor, weil wir gegen den Zeitgeist / gegen die Meinung der Kirchenoberen / der Ärzteschaft / der Politik etc. sind.

 

 

 

Und die Mitmenschen vertrauen Ärzten und Kirche, indem sie dem 'erforderlichen informierten Konsens' zustimmen (jedoch nicht daran denken, daß dies nur die halbe Wahrheit ist. Immer mehr Angehörige und Bürger sind heute skeptisch und verweigern ihre Zustimmung…)

- Folgerung:
Wir ÄRZTE sollten uns über Kardinal Müller an Papst Franziskus und die Kirche wenden, damit noch mehr Klarheit in den Begriff  'ex cadavere' kommt.

Auch bin ich nicht damit einverstanden, daß man - lt. Papst Benedikt XVI. - bei einem irgendwie 'einverstandenen' Menschen die Organe herausoperieren darf:
Auch wenn dieser Mensch 'einverstanden' ist:  
Seine Seele ist noch im Körper, mir erscheint dies quasi als Selbstmord, als zur 'guten Tat getrieben', sich für den nächsten bewußt opfernd.
Da mache ich als Arzt und Christ nicht mit. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Papst B16 so etwas geduldet hätte (wie Jesus Christus und Hl. Maximilian Kolbe bewusst ihr Leben hingebend).

(Wir Ärzte und Christen können uns auch nicht mit der Ausrede trösten: Egal wie tot, Hauptsache einverstanden…)

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Fortsetzung ...

An dieser Stelle wollen wir künftig berichten, inwiefern sich auf ärztlicher und kirchlicher Seite etwas rührt, um den Begriff 'ex cadavere' aktuell deuten und in der Praxis verwendenzu können.

(Stand: 24-9-2015)

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Schluß

Vielen Dank für Ihr Interesse!
Mit freundlicher Empfehlung
gez. 

Dr. (I) Gero Winkelmann, 
(Leiter der BKÄ-Ärztevereinigung)

 



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